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Arbeit und Kreativität

The Spirit Scribe

01.12.2020


Muse: [hört mit mir Vivaldi] Ah, Menschen und ihre Nebenjobs, hm?

T: [lacht laut.]

M: Nein, mal im Ernst! Vivaldi ist eines von zehntausenden, hervorragend belegten Beispielen, dass Menschen einer Arbeit nicht nur für Geld nachgehen. Und das euer Job euch noch lange nicht definieren muss. Oder an Größerem hindern.

T: Ich habe in einer Doku gehört, dass Vivaldi tatsächlich Priester war. Aber schon bald durfte er keine Messen mehr abhalten, weil er immer zwischendurch davonrannte und brockenweise Noten aufschrieb.

M: Wie ich sagte, das gute Zeug lässt sich nicht aufhalten. Und mein Einfluss ebenso wenig. Ich bin die Hirtin, ihr seid die Tiere. Ein Ruf von mir, und ihr kommt angelaufen, meiner süßen Hypnose unterworfen.

T: »Der Herr ist mein Hirte, mir soll an nichts mangeln«?

M: [grinst wissend] eher: Alles-was-ist ist mein Ein-und-alles, mir kann an nichts mangeln. Alles-was-ist ist meine Quelle, meine Nahrung, mein Gesprächspartner, meine Kleider und mein Gebaren [das bedeutet hier Beruf, fühle ich]. Zupfe ich die Saite, so singt sie den Ton. Spreche ich den Reim, so ist er mein andächtigster Zuhörer.


T: Und die Getriebenen? Denen ihre Kunst nur noch Last ist?

M: Der Mensch treibt sich selbst, um angeblich mir zu gefallen. Er treibt sich selbst zu mir, niemals von mir fort. Er versucht, sich Eintrittskarten in mein Reich, auf meine Wiese zu kaufen. Dabei ist die gar nicht abgesperrt. Ja, es gibt teurere Künste. Ein wohlklingendes Cello fällt für die meisten nicht vom Himmel. Lehrer aber warten an den unerwartetsten Orten, ganz besonders neuerdings. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich eure neue Art, Wissen zu vervielfältigen, schätze! Die Menschen haben schon längst bewiesen, dass sie bereit sind für das, was nach eurem Extrem-Kapitalismus kommt. Post-Konsum sagt ihr neuerdings. Die Menschen sind ja so bereit, das System zu verlassen und so müde, dass es am Leben gehalten wird, dass sie sich dem lieber verweigern. Sie beweisen, dass das System der freien, von Geld abgekoppelten Wissensweitergabe funktioniert, bevor es etabliert wird. Du kennst ein wunderschönes Wort hierfür: Nachfragedruck. Es beschreibt genau, was gerade bei euch passiert.

In ihrer Seele wissen die Menschen, dass sie Veränderung automatisch herbeiführen, wenn sie das Spiel einfach nicht mehr mitspielen. Wer nicht mit rennt, kann das Rennen zwar nicht gewinnen, aber ebenso wenig verlieren! Denk an den Deserteur. Jeder, der sich selbst einen Kontrabass sägt oder Naturfarben anrührt oder Autoteile zu Tischfüßen verschweißt, ist ein Deserteur des Hyper-Kapitalismus. Und das nicht einmal mit bierernster Miene, sondern mit größter Lust. Du weißt, dass du in meinem Garten angekommen bist, wenn kein Geld der Welt dich mehr locken kann, deine hingebungsvolle Arbeit an deinem Lebenswert zu unterbrechen. So lebte »der rote Priester« (Vivaldi), und ich hatte höchsten Gefallen an seiner Huldigung meiner Energie. Mozart war zuerst mit mir verheiratet, und die Vielehe bekam ihm nicht.

T: Ich will, was sie hatten. Ich weiß, es gibt den kreativen Wahnsinn ... aber er ist es wert!

M: Liebchen, du schreibst soeben deinen Antrag.

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