09. April 2022
T: [Ich bekomme lange keine Verbindung. Weder zu Anubis, noch zu isis. Es gibt einfach keinen Impuls. Also versetze ich mich in den schwarzen Raum und rufe auch Amri. Sie kommt aus der Bibliothek hervor, denn dahinter ist ja ihr Zugang direkt aus dem »Jenseits«, wo sie sich normalerweise aufhält.]
T: Werden sie nicht kommen? Sind sie nicht da?
Amri: Gib ihnen etwas Zeit. Ich spüre, dass sie etwas Wichtiges zusammen erledigen. Der Tag heute ist lange nicht so wie der gestrige.
[Anubis erscheint kurz und sagt ein paar Takte, aber er ist sehr unkonzentriert. Seine sichtbare Form verschwindet schnell wieder.]
T: [zu Amri] Soll ich gehen und morgen wiederkommen?
A: [aus dem Off] Nein!
T: Vielleicht können wir ja dann reden, meine Beste? Ich war ewig nicht da, bitte entschuldige. Wie geht es dir?
Amri: [winkt ab] Hach, viel zu tun, wie üblich. Kennst du diesen Spruch, den Rentner sagen? Dass sie seit der Rente nie Zeit haben? Glaub mir, Sterben ist noch hundertmal schlimmer!
[Wir lachen.]
T: Ich habe heute mal wieder auf ein sehr wichtiges Knöpfchen gedrückt. Für »Das Wissen der Weltenschlange«. Endlich wird es so richtig veröffentlicht!
Amri: Das sind doch wunderbare Neuigkeiten. Und der Camper ist auch sehr beachtlich. Du bist eine Problemlöserin, wie deine Eltern.
T: Das stimmt, das ist ihre große Gemeinsamkeit. [Wird traurig.] Sag mal, wie hast du das hinbekommen? Trauerpriesterin zu sein? Anubis' Avatar zu sein? Oder war es bei dir anders?
Amri: Nein nein, es war schon so. Ich hatte alles gleichsam leichter und schwerer. Leichter wegen meiner Unterstützer im Tempel. Es stand nie zur Debatte, ob mein Gott Anubis mich wirklich ausgewählt hatte oder ob ich wirklich seine Nachrichten überbringe. Und dann hatte ich es auch viel schwerer, weil dieser Clash der Energien damals so heftig war. Es ist kein Wunder, dass es in euren Filmen bis heute so dargestellt wird, als wäre der Moment, in dem ein Körper besetzt wird, etwas sehr Heftiges. Etws, bei dem Fensterscheiben bersten oder solch wilde Sachen. Das ist heute einfach nicht mehr so, aber nicht jeder hat das Update schon mitbekommen.
T: Wie war es für dich?
Amri: Hm. Es hatte Ähnlichkeit mit einer großen sportlichen Leistung. Und gleichsam war es natürlich eine enorme seelische und geistige Leistung. Aber ich war ja nicht jeden Tag Avatar, das hätte ich auch gar nicht durchgehalten. Die normale Verbindung war die meditative – das ist bei dir heute auch nicht anders. Du kannst es sogar mit offenen Augen, das ist ein riesiger Vorteil heutiger Channels. Wie bei einem anstrengenden sportlichen Training konnte man am nächsten Tag fast eine Art Muskelkater davontragen. Nicht nur körperlich. Es war zu jeder Zeit klar, dass ich es nicht übertreiben darf. Und ich hätte es auch gar nicht übertreiben können.
Als es endlich richtig einfach war, und Menschen und Götter endlich auf quasi täglicher Basis ihre Nähe suchten (auch körperlich), kam eure Hexenverfolgung daher und vernichtete jeden, der die neuen Möglichkeiten ausschöpfte.
Wohlgemerkt zum Wohle aller! Du kannst keine wohlmeinenden Energien zu deinem Fest laden, wenn deine eigenen Absichten nicht wohlmeinend sind. Das ist so eine grundlegende Regel, dass ich es gar nicht fassen kann, dass ich sie sagen muss, aber na ja.
[Anubis kommt zurück und wir üben das mit der Verschmelzung zwischen meinem Rücken und seinem Brustkorb noch einmal. Der vielleicht wichtigste Effekt ist, dass ich mich dann nicht mehr vom Fleck bewegen kann. Ich bin wie angeschweißt. Arme und Beine funktionieren, aber der Torso ist wie angeschmolzen. Selbst wenn ich es mir sehr stark vorstelle, ich kann keinen Schritt zur Seite gehen oder ähnliches. Dann löst sich die Verbindung wieder und ich kann zwischen Amri und ihm heraustreten.]
A: Wenn es jemals nötig werden sollte, könnte ich über diesen »Magnetismus« sogar deinen Körper steuern. Also eigentlich eher aufhalten, bevor du vor einen Bus läuft oder so etwas. Ihr Menschen glaubt immer, ihr hättet Instinkte, und ein im Notfall noch einmal schneller funktionierendes Hirn, aber ich darf dir versichern, dass WIR diejenigen sind, die täglich rettend in Lenkräder greifen.
T: Ich weiß. Und ich für meinen Teil werde euch dafür ewig dankbar sein. Es ist so schön, dass du nun hier bist, aber nun muss ich los. Wie immer wünschte ich, wir hätten mehr Zeit. Ein Thema, das wir nun wieder nicht beackert haben, heute.
A: [Er wirkt weiterhin abgelenkt. Als würde er noch über eine weite Distanz woanders zuhören.] Ruh dich aus, es geht dir ohnehin nicht gut.
[Das ist wahr. Ich habe mir irgendwo Magen-Darm eingefangen, wie es scheint. Blergh.]
T: Okay, lassen wir es gut sein. Ich will dich nicht aufhalten.
A: Du bist mir niemals lästig, hörst du? Niemals. Bis morgen.
[Ich verabschiede mich gedanklich noch schnell von Amri, dann mache ich die Musik aus und lösche meine einzige Kerze.]
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