
17. August 2022
[Heute ist der letzte Tag meines Vertrages mit Fortuna. Als ich die Augen schließe, sehe ich sofort ihre Statue vor mir. Diese hübsche kleine Alabasterstatue mit den Löckchen, sanft lächelnd, das wallende Gewand locker fallend. Ich werde nie mehr aus Stein gehauene Figuren genau so ansehen wie früher. Sie sind für mich zu Gräbern geworden. Wie immer am letzten Abend bin ich untröstlich, dass es schon wieder vorbei sein soll, und unendlich dankbar über alles, was ich hören und erleben durfte.
Fortuna erscheint neben mir, legt einen Ellenbogen auf meiner Schulter ab und schaut belustigt ihre Statue mit mir an.]
F: Habe ich doch ganz gut hinbekommen, oder? Eine schöne Haltung, ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen. So kann man ruhig »sterben«, findest du nicht? Es war ja auch nicht gerade mein erstes Mal ...
T: Schön, dich zu sehen. [Sie hakt sich bei mir unter und wir gehen den parkähnlichen Weg lang. Ich spüre, dass auch der Rabe schon ganz in der Nähe ist. Er kommt angeflattert. Setzt sich zuerst auf den Weg vor uns, dann auf meine Schulter und lässt sich mittragen.]
T: Hey, du.
Suxess: Glückwunsch zu dieser schwierigen Session. Es ist kein Wunder, dass du heute ausgelaugt bist. Anubis wartet dort vorne auf uns, und er hat besonders bequeme Sofas bereitgestellt.
T: Ja, so eines könnte ich jetzt gebrauchen.
[Wir gehen gemeinsam zu einer Weggabelung, wo fünf oder mehr Wege sternförmig aufeinandertreffen. Auf diesem Kiesplatz steht Anubis. Drei knallrote Couches stehen hier in einem Dreieck angeordnet.
A: Hallo, Liebes.
T: Danke für alles. Ich gebe zu, es war wirklich hart. Ich bewundere deine stoische Geduld manchmal. Meine Teilnehmerin der "Let-Go-Meditation" hat nur einen einzigen Gegenstand in ihr schwarzes Gefäß bekommen, obwohl sie sehr geübt ist in geistiger Arbeit. Aber es zog sich endlos, denn ihr Symbol stand für die gesamte katholische Kirche und die mistigen Glaubenssätze und Erziehungen, die daher rühren. Sie sagte aber auch, sie muss diese viele Arbeit immer wieder machen, weil alles immer wiederkommt oder gar nicht gehen will. Sie hatte ein Problem, ihren Willen durchzusetzen. Es war interessant, dass sie dich um Hilfe bat, und was du darauf sagtest.
A: Was ich immer sage, wenn ich lethargische Menschen treffe, die alles gelöst haben wollen von außen. Dass es ihre Arbeit ist, und nicht meine. Aber wir haben nun die Verbindung, und ich werde sie nun öfter mal eigenständig ins Gebet nehmen, wie ihr so schön sagt.
T: Ich spüre, dass ich völlig ausgelaugt bin jetzt. Normalerweise ziehe ich ja selbst viel Kraft aus meiner Arbeit, aber heute bin ich wie erschlagen. Dabei wollte ich doch eigentlich besonders fit sein für dein Finale, liebe Fortuna.
F: [hat sich auf eine Couch mir gegenüber gesetzt. Anubis sitzt direkt neben mir, der Rabe auf der breiten Armlehne] Nun, es wird kein allzu fulminantes Ende für mich. Es wird überhaupt kein Ende, nur dieses Manuskript endet.
T: Das ist schön gesagt.
F: Wenn ich dir – und deinen baldigen Leser:innen – einige Dinge begreiflich machen konnte, bin ich zufrieden mit unserem Vertrag. Und ich meine doch, mich verständlich genug ausgedrückt zu haben.
T: Das hast du. Es war wirklich eine Freude. Deine Energie ist natürlich auch wunderschön. Es ist ... Bliss. Glückseligkeit. Mein Gott, dieses Wort fängt ja mit Glück an. Man macht sich das irgendwie nicht so klar!
F: Dennoch beschreibt es meine Frequenz perfekt. Die Seligkeit derer, die Wissen, dass das Glück sie immerzu umgibt, ist etwas ganz Besonderes. Nur wenige Frequenzen sind als Mensch so vollumfänglich wahrnehmbar und (vergleichsweise) einfach zu erreichen. Selbst durch reine Denkarbeit ist die Konklusion des greifbaren Glücks erreichbar – und das will schon etwas heißen im bewussten Universum.
[Ich spüre, dass sie mich auflädt mit ihrer Energie. Es ist ein Abschiedsgeschenk.]
F: Der Zustand, der von euch Glückseligkeit genannt wird, kann es direkt mit dem dauerhaften Zustand der Götter aufnehmen. Abgesehen vom Gefühl vollständig durchdringender Liebe gibt es keines, das euch besser fühlen lässt, wie unser »Normalzustand« auf den höchsten Ebenen sich anfühlt. Während dieses permanent 100 Prozent konzentrierte Liebesgefühl in 3-5D aber einfach nicht dauerhaft zu halten ist, kannst du Glückseligkeit ziemlich lange aufrecht erhalten.
Weil ein Großteil davon durch simple willentliche Anstrengung erreichbar ist. Glücklich sein ist eine Entscheidung, so fies es für manche klingen mag. Vor allem, da die Trennlinie zwischen Glückseligkeit und Dankbarkeit unscharf ist. Also: Erlaube dir Glückseligkeit. Es ist unter Garantie genug davon für alle da. Glück ist eine Schwester der Liebe. Beide werden mehr, wenn du sie mit anderen teilst.
T: Ein herrlicher Schluss-Satz. Dennoch tut es mir in der Seele weh, dich gehen zu sehen.
F: Ich gehe nirgendwo hin. Ich entlasse dich aus unserem Vertrag, kleine Scribe, das ist alles. Du hast mir gut gedient, so wie ich hoffe, euch Lesern gut gedient zu haben. Euch bereichert zu haben um Erkenntnis, Klarheit und Glückseligkeit.
[Einaudis »Experience« spielt. Mir kommen sofort die Tränen. Es ist ein herrlicher Song.]
T: Ich gebe zu, ich habe Angst, dass jetzt alles vorbei ist. Dass alle Knospen, die bei mir gerade aufblühen, mit den Meditationen und Co, sich jetzt wieder schließen werden.
F: [zeigt auf den Raben] Dabei sitzt Suxess doch dort, und eure gemeinsame Zeit hat kaum begonnen.
T: Du hast ja recht.
A: [grinst] Und mich musst du auch nicht hergeben.
T: Das könnte ich auch nicht. Ihr könntet mich um einiges bitten, aber niemals würde ich mein Kind hergeben ... oder dich.
[Sie umarmt mich ein letztes Mal. Dann löst sie sich zu Nebel auf mit den letzten Takten des Liedes. Es fühlt sich schrecklich an, dass sich unsere Verbindung löst.]
T: Why is this so hard?
S: Die Verträge enthalten mehr und mehr Gewicht, weil wir sehen, wie gut du es trägst. Weißt du, Vertrauen muss man nicht nur gegenüber Menschen aufbauen, es muss sogar in unserer Welt erst einmal gefestigt werden. Aber die Belohnung ist enorm.
[Ich schaue nach oben.]
T: Auf bald, Fortuna. Es überrascht dich sicher nicht, wenn ich sage: Du bist jederzeit in meinem Leben willkommen.
[Ich höre ihr körperloses Kichern.]
T: Ihr Lieben, ich bin völlig am Ende meiner Kräfte, ich muss Schluss machen. Suxess?
Suxess, der Rabe: Hm?
T: Wie wird das mit uns weitergehen?
S: So wie du es wünschst, ganz einfach.
T: Dann wünsche ich mir, dich als Gast an Anubis' Tisch zu sehen, wie du sagtest. [Ich deute eine Verbeugung an.] Bis morgen.
S: Gute Nacht.
A: Gute Nacht. Es wird schön, dich wieder für mich zu haben. ... Für ein Weilchen.
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