
24. April 2021
T: Nun ist bald Walpurgisnacht und Beltane. Ich habe das Gefühl, nichts über diese Feste zu wissen, und das ist sicher auch so. In diesem riesigen Puzzle habe ich ohnehin nicht das Gefühl, jemals beim Ende anzukommen.
C: Das könnte daran liegen, dass es kein Ende des Puzzles gibt – selbst wenn du Äonen nach vorne schaust zu dem Punkt, wo Gott wieder zur EINheit wird, zum perfeken Gottespunkt, dann darf man das nicht als "Ende" betrachten. Wir hatten das schon: Nach dem Urknall ist vor dem Urknall.
T: Erzähl mir, wie sich das Wissen um Beltane halten konnte, wo doch die Kelten keine Schriften anfertigten.
C: Der Schlüssel liegt - wie so oft, wenn ein LANGER Atem nötig ist – bei den Frauen. Den Hexen, wie sie sich irgendwann aus Frust selbst nannten, als "Priesterin" schon fast ein Schimpfwort war aufgrund der dümmlichen Aufgaben, die für Frauen innerhalb des Christentums übrig geblieben waren und das selbst denken, beten und heilen dich auf den Scheiterhaufen brachte. Ich habe dir erklärt, dass die Frauen den Hausstand auch spirituell zusammenhielten und somit immer die Hohepriesterin der Familie geblieben sind. Diejenigen, die diesen Teil ihrer Aufgabe aus tiefster Überzeugung heraus weiter pflegten – auch und besonders im Geheimen – die geben auch das (mittlerweile) geheime Wissen weiter. Volksheilkunde hieß das dann plötzlich. Oder Hexerei. Oder Weiße Magie oder Geistheilung oder Wicca oder Schamanismus. Ihr habt tausende Worte dafür mittlerweile.
Deswegen übrigens auch das Problem mit dem Wort "Esoterik", auf das du immer wieder stößt. "Esoterik" bedeutet Nicht-Wissenschaft, vereint also alles unter sich, was (außer durch Statistik) nicht in diesen starren Bereich zu pressen ist und nicht durch Wissenschaft abgebildet werden kann. Also: Die Frauen bewahrten das Wissen. Schon immer. Deswegen ja auch all diese Legenden, dass sich Hexen auf dem Brocken im Harz trafen und in den Wäldern und dass sie mit "Dämonen" – richtig ist natürlich GÖTTERN – tanzen. Eher selten ist von Magiern die Rede, obwohl es die selbstredend gab und gibt.
An Imbolc feiert ihr, dass der Winter den "Kampf" gegen die Zeit verloren hat. An Beltane könnt ihr die ersten frischen Dinge essen und opfern. Bärlauch, Erdbeeren, Wurzeln [Spargel]. Beltane ist somit im Grunde das erste von zwei Erntedankfesten. Die meisten Tierkinder sind da, die Lämmer und die Frischlinge. Während an Ostara noch die Zeugung im Vordergrund steht [erste Blüten, Eier werden gelegt], ist an Beltane vieles schon geschehen. Ab Mai ist Frost endlich wenig wahrscheinlich – auch nachts. Die Rationierung des Wintervorrats wird aufgehoben, womit endlich der (unter Umständen seit Monaten nagende) Hunger besiegt ist. Was für ein hervorragender Grund, zu feiern!
Außerdem: An Beltane werden überaus wichtige Fragen mit uns besprochen. Ob die Siedlung an Ort und Stelle bleiben sollte (bei halb oder ganz auf Jagd ausgerichteten Gruppen), wer so weit ist, seinen eigenen Hausstand zu gründen. Man könnte sagen, das klassische "Wer mit wem" – auch über die eigenen kleinen Dorfgrenzen hinweg. Die Druiden benutzten zwar das Wort "Genetik" nicht; aber ihnen war dennoch bekannt, dass die jungen Leute auf Reisen gehen müssen. Bis heute hat sich das erhalten in den wandernden Lehrlingen, die tischlern, Dächer decken oder Werkzeug herstellen können. Wenn die Druiden zu ihren Reisen aufbrachen, um zu tauschen oder Dinge zu besprechen, dann nahmen sie sehr oft junge Leute mit. Denn sich um die Genetik des Umlands zu kümmern, fällt auch in den Bereich eines ganzheitlichen Heilers. Und natürlich war es nie schlecht, ein paar starke Muskeln zum Schutz dabei zu haben. Der Druide ist hier nicht der Gönner oder Wohltäter; sondern eine Hand wäscht die andere. Den Kelten und Germanen war das in einem ganz anderen Maße bewusst als z.B. den Römern. Das liegt an der relativen Kälte in Gallien etc.
Je kälter deine Umgebung, desto lebenswichtiger sind die Menschen in deinem direkten Umfeld. Genau deshalb haben so viele ein Problem damit, wenn du den Kopf zu weit aus der Masse streckst. Zu "verrückte" Dinge willst. Aber ich sage dir was: Für was du unter Kelten oder Wikingern ausgeschlossen wurdest; und für was du von den Christen ausgeschlossen wurdest – das unterscheidet sich FUNDAMENTAL! Dein einziges "Problem" ist – gemeinsam mit vielen anderen – dass du Druidin sein willst. In den alten Gesellschaften hätte hier niemand mit den Wimpern gezuckt, im Gegenteil. Die Probleme, die sich also heute für euch ergeben, hat das Christentum zu verantworten ... OBWOHL so viele von euch Mitteleuropäern ja angeblich nichts mit der Kirche zu tun haben wollen. Die vollendete Ironie!
T: Danke dir!
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