19. März 2021
[Meine Freundin D. feiert mit mir. Wir haben immerhin einige eiförmige Kerzen angezündet. Ich habe meinen Kranz mit Eiern und Blumenzwiebeln da und wir räuchern. Ich rufe die Harpyie und Co. zuhilfe.]
T: Heute ist der 19. März 2021, morgen ist Ostara – also die Sonnenwende im Frühling und Tag/Nachtgleiche. Deshalb lade ich wohlmeinende, hoch schwingende Wesen ein zum Gespräch. [Pause.] Okay, Ostara ist da. Sie sieht wie immer wunderschön aus mit ihrem Blumenkranz auf dem Kopf und mit Ähren und Gräsern und Efeu im Haar. Sie trägt hübsch geblümte Sachen, wie sich das wohl gehört als Frühlingsgöttin. Sie ist ganz überschwänglich heute. Sie zeigt mir, wie sie über Wiesen tanzt und ist einfach happy...
Aber sag mal, Ostara, ist es heute denn wirklich so anders als an anderen Tagen? Ist nicht eigentlich alles jeden Tag gleich für dich als Göttin?
O: Nein, nein. Überhaupt nicht. Es macht einen großen Unterschied, ob mein Fest ist oder nicht. Wenn mein Fest ist, dann ist das für mich, wie wenn ihr im Flow seid. Es ist von allen Zuständen ein Besonderer. Es ist Freude und Euphorie. Als Mensch könntet ihr auch sagen, das Leben sei immer gleich, aber ihr wisst, dass das nicht stimmt. Denn es gibt Momente, die fühlen sich langweilig an; Momente, da möchte man am liebsten weg; und es gibt Flow-Momente. Und wenn mein Fest ist, dann habe ich meinen Flow-Moment. Das liegt an dem, was ich bewirke, also an diesem Ausbruch an Grün und an Blättern und Blüten. Weißt du, gerade als Wesen außerhalb der Zeit kommt einem das vor wie eine Explosion, weil es so schnell geht. Für euch dauert es ein paar Wochen, aber aus unserer Warte ist es schnell wie eine Explosion.
Dann merke ich selbstverständlich, dass unter euch Menschen mein Fest ausgerufen ist, weil ihr an mich denkt. Mit den Hasenfiguren und dem Eier ausblasen. Und ja, den meisten ist es nicht bewusst – die meisten haben die Rituale [oder die wahren Gründe für die Rituale] vergessen. Oder sie sind vergessen gemacht worden. Zusammengewürfelt, Teile abgeschnitten, es ist alles nur noch so ein Mischmasch.
Wie ein Kochtopf: Alles wird hinein geschmissen, dann wird kräftig umgerührt, und dann hat man ein »neues« Ritual. Aber dennoch, es wirkt ja. Jedes Kind, das bemalte Eier an einen Baum hängt, macht mir dennoch Freude. Es kann auch gerne sagen: »Lieber Jesus, ich schenke dir dieses Ei und hänge es in den Baum«, das ist völlig unerheblich. Das ist okay, ich weiß, woher es kommt. Es ist ein bisschen schade, aber es ist okay. Man kann es aus der Unschuld von Kindern – aus dieser süßen Unwissenheit heraus – nicht falsch machen. Du kannst von deinen Göttern niemals für Unwissenheit bestraft werden!! Niemals. Das Prinzip existiert nicht. Also, du kannst ja generell nicht wirklich bestraft werden von uns, aber hey.
Wenn dir beigebracht wird als Kind, dass du Alles-was-ist mit dem Namen Allah anzusprechen hast, oder Shakti oder was auch immer, und du ziehst das dein Leben lang durch, dann ist das okay. AN UNS SOLL ES NICHT SCHEITERN!
Das hatten wir schon oft und das sagen wir jeden Tag wieder irgendwem, weil es immer die Wahrheit bleibt. Natürlich freue ich mich, wenn jemand MICH anspricht und mich meint. Aber mein Fest wird für mich dadurch nicht geschmälert. Dass das Wissen um mein Fest geschmälert ist, ist nicht für mich ein Problem, sondern für euch.
[Pause.]
O: Nächste Frage bitte. Ich weiß, D. hat eine im Kopf.
D: Hm, tja. Es läuft darauf raus: Soll ich oder soll ich nicht?
O: Die Antwort lautet: Sollst du glauben? Ja. Immer ja. Sollst du deinem Willen und Glauben folgen? Ja. Sollst du dem Willen und Glauben EINES ANDEREN folgen? Nein.
D: [kichert] Soweit klar.
O: Ja, tut mir leid. Es klingt wie ein üblicher Kalenderspruch, aber ich kann dafür ja nichts. [Pause.] Go with the flow. Die Zeit für Neubeginn ist jetzt. Denn mein Fest ist DAS Symbol für Neubeginn.
D: Das ist deutlich, ja.
O: Ich muss hinzufügen: Es fühlt sich im Moment nicht nach Neubeginn und Co. an, aber das ist der absoluten Ausnahmesituation der Pandemie geschuldet. Üblicherweise ist die Frequenz zum Thema Neubeginn um diese Zeit im Jahr noch wesentlich stärker, sonst spürt man sie noch ausgiebiger und sie treibt einen noch mehr. Dieses Gefühl ist gedämpft wegen der Pandemie, aber sie [die Pandemie] muss ja sein.
D: Aber ich spüre es trotzdem ganz schön stark. Ich habe es noch nie so gespürt wie jetzt.
O: Was du spürst, sind 20 Jahre Aufbruchsstimmung in einem. 20 Jahre nicht gewollt oder gekonnt oder gedurft und jetzt: Bäm! So ist das gemeint mit den 20 Jahren Aufbruchsstimmung.
D: [zensiert. Sie stellt eine Frage zu Beziehungskonstellationen.]
O: Ich möchte kurz darauf hinweisen, dass mein Fest weniger mit dem direkten Eingehen oder Lösen von Beziehungen zu tun hat, als ihr gerade denkt. Es ist nicht das Fest der Verpaarung – das wäre Beltane und kommt erst noch.
[Pause.]
T: Ich konnte es gerade nicht lassen und habe kurz gefragt, ob Hel anwesend ist. Ich hatte vor ein paar Tagen das Vergnügen und wollte es heute wieder versuchen. Aber Ostara sagt, dass im Moment einfach keine gute Zeit für dieses Unterfangen ist. Die Göttin der Unterwelt wird vom Fest des Neubeginns quasi überstrahlt. Das heißt nicht, dass es nicht geht, aber es ist einfach nicht ratsam im Moment. Ich sollte es jetzt nicht übers Knie brechen.
[Pause.]
T: Wo ist denn dein Bruder Cernunnos?
O: Der ist heute nicht da.
T: Wie ist das eigentlich? Sollten denn alle Menschen wieder zu den ursprünglichen Osterritualen zurückfinden? Zum alten Jahreskreis mit seinen Festen? Ist das das Ziel, dass wir uns wieder daran halten?
O: Diese Sache hat zwei Komponenten. Das erste ist das WISSEN. Das Wissen, wie es war und wie es kam. Nur aus dem Wissen heraus kannst du dich dann ENTSCHEIDEN, was du magst und was du willst und was du tun wirst. Das Erste möchte ich beeinflussen. Das WISSEN. Das Zweite kann und darf und will ich nicht beeinflussen. Das ist eine persönliche Entscheidung, die jedem selbst überlassen wird.
Ein Fest aus dem Jahreskreis ist wie eine Parkbank. Die meisten Menschen rennen hochbeschäftigt dran vorbei. Wer sich aber hinsetzt und einfach mal anerkennt, was gerade ist, der kann sich später und übers Jahr hinweg ganz anders daran erinnern. Wenn du immer nur rennst, hast du schnell alles vergessen. Den Monat etc. Wenn du aber verweilst, erkennst du an, was IST, und das ist die Definition von Achtsamkeit.
Deswegen gibt es Feste im Jahr. Nicht nur weil natürlich klar ist, dass auf einem wandelbaren Planeten dem Umstand Rechnung getragen werden muss, dass sich die physischen Dinge ändern. Das ist für euch ja wichtig, denn ihr müsst säen und ernsten und solche Dinge. Aber das andere ist dieses Ding mit der Achtsamkeit.
Würdet ihr nicht so rennen, bräuchtet ihr auch keine Feste. Würdet ihr nicht so rennen, dann würdet ihr über den Tag viel öfter in diesen Tagtraum- oder Flowmodus kommen und dann hätten wir viel mehr Chancen, auf diesen Modus bei euch zuzugreifen. Denn über diesen Tagtraum-Modus liefern wir ja Ideen und Problemlösungen etc.
Ihr rennt aber so schnell, dass es sehr vorteilhaft ist, diese Bremsen ins Jahr zu legen. Und es sind ja schöne Bremsen! Man möchte ja mit seinen Kindern Eier im Garten suchen. Man möchte ja an Weihnachten das Lichterfest feiern, weil es so dunkel ist. Es tut ja nicht gerade weh, den Festen nachzugehen. Wie du das genau machst, ist persönliche Vorliebe. Du kannst ein Fest nicht falsch feiern, es sei denn, du feierst es gar nicht.
T: Und da sieht man auch das Problem, denn der Frühlingsanfang wird bei uns im Kulturkreis traditionell eher nicht mehr gefeiert. Also es gibt bestimmt irgendeine Messe dafür, aber da geht ja heute kein Mensch mehr hin.
O: Ja, genau. Diese Achtsamkeit ist wie ein Stundenplan für euch. Ihr habt vorhin über Tagesabläufe gesprochen, die sich immer ähneln sollen. Weil Menschen Struktur mögen. Aber eben netter! Und eigentlich auch mit viel weniger Zwang. Und ohne einen ganz direkten Outcome. Keiner setzt sich hoffentlich an Weihnachten an den Tisch, klatscht in die Hände und sagt: »So ihr Lieben. Bis Mitternacht muss das, das und das erreicht sein. Go!« Keiner hakt Weihnachten in dem Sinne einfach nur ab. Es geht darum, mit deiner Familie zusammen zu sein, etwas Aufwändiges, hoffentlich Gesundes zu kochen und so weiter. Das alles bildet das Fest. Und wenn du dann auch noch an uns Götter denkst ... schön! Der Kern ist aber wirklich: Du kannst es nicht falsch machen, nur unterlassen.
T: Wie ist es denn dann mit Festen, die uns ganz und gar fremd sind? Zum Beispiel das jüdische Lichterfest Hannukah? Sollten wir das dann auch alle mitfeiern?
O: Na ja, du musst ja immer wissen, wo ein Fest herkommt. Hannukah kommt aus einer Region mit einem anderen Klima und einer anderen Tradition.
[Sie schickt mich gedanklich auf der Karte des Nahen Ostens hin und her, wo welche Strömungen welche Kultur und Feste von A nach B nach C gebracht haben, aber es ist für mich alles nur ein Wust aus Wellen und bunten Flecken, weil ich null Ahnung von Israel und angrenzenden Ländern habe!]
O: Also dort, wo Hannukah herkommt, herrscht definitiv kein englisches Klima, kürzen wir es so ab!
T: Okay.
O: Vieles ähnelt sich aber natürlich auch im Leben der Menschen. Deshalb kannst du jetzt gedanklich einen großen Kreis vollziehen und an meine Worte von vorhin wieder anknüpfen: Erstens, WISSEN. Zweitens, MACHEN. Wenn du möchtest. Der erste Teil ist nicht unbedingt optional, der zweite Teil ist sehr optional. ;)
T: Sie ist fertig, ich kann es spüren. Sie hat für heute nicht mehr zu sagen. Sie ist quasi auf dem Sprung und macht mir klar, dass sie los will und es für heute gut ist. Nur einen Schluss-Satz hat sie noch.
O: Niemand hat jemals gesagt, dass diese neue Zeit die Leute in irgendeiner Art bekehren soll. Das kann man ohnehin nicht. Noch einmal: Was geschehen soll, ist dieser Bildungsaspekt. Klar wieder darzulegen, wie es früher war und wo das alles herkommt. Der erste Teil von dem, was ich erzählte.
Am zweiten Teil – dem Praktizieren – kann man nichts ändern. Das beschließen die Menschen alleine – oder eben nicht. Das Wissen wieder hervorzuholen ist also die Aufgabe. Das ist natürlich wesentlich einfacher, als wenn ich sagte: »Tjaaa, jetzt bekehrt die Christen mal bitteschön alle wieder zurück!« Das kann ja nicht funktionieren und ist nicht der Sinn. Du kannst dich immer nur selbst bekehren. Wenn du nicht gerade unter extremem Folterzwang stehst, machst du das mit dir selbst aus, und damit ist es gut.
[Wir bedanken uns und beenden die Session.]
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