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The Spirit Scribe

Wasser & Feuer in den Jenseitsmythen




T: Entschuldige bitte, dass in den letzten Tagen so viele Sessions ausfallen. Ist etwas anstrengend gerade in meinem Leben. -.- Erzähl mir unbedingt mehr von der Mythologie der Unterwelt!

Herr der Gegenwelt: Die Menschen haben sich den Weg ins Jenseits früher oft als Fluss vorgestellt, weil ein breiter und tiefer Fluss ein echtes Hindernis war. Ihr könnt euch das heute nicht mehr so richtig vorstellen, mit all euren Brücken und Schiffen und Flugzeugen, aber früher war ein Fluss eine natürliche Grenze und Schluss. Jemand auf der anderen Seite konnte nicht »mal eben« wieder zu dir kommen, wenn nicht zufällig eine Furt an dieser Stelle war. Das Land jenseits des Flusses KONNTE nicht (einfach) betreten werden. Zudem vertrauen die Inder die Asche ihrer Toten beispielsweise noch heute dem Fluss an. Ein Fluss ist also auch ein großer Reinigungsfaktor. Wasser und das Jenseits sind mythisch auf tausende Arten verbunden. Die Wikinger schickten ihre Toten auf Flößen hinaus und zündeten es an. Die Maori und Hawaiianer kämpfen bis heute dafür, dass das Meer ein Teil ihrer Begräbnisriten bleiben oder es wieder werden kann. Die Christen zu guter Letzt haben ihr Konzept, "über den Jordan" zu gehen. So viel also zum Wasser. Weil es reinigt, tief ist und transformieren kann, war es immer heilig, auch im Tode.


T: Höhlen?

HG: Nun, was ist an Höhlen nicht andersweltlich, nicht wahr? Da schon immer klar war, dass man GAIA besonders nahekommen kann, wenn man sich weit in eine Höhle hinein wagt, macht es Sinn, die Toten dieses erste Stück des Weges zu bringen, findest du nicht? Die Vorstellung, dass sie dort in Ruhe verwesen ist außerdem etwas netter, als draußen von Wölfen und Bären zerlegt zu werden. Obwohl es natürlich auch diesen Ritus gibt.

T: Ich kenne es mit Raubvögeln. Irgendwo im Himalaya, ich bin nicht mehr ganz sicher, bekommen die aasfressenden Vögel die toten Körper. Wahrscheinlich sinnvoll in einem Land, in dem der Boden IMMER gefroren ist ...

HG: Auch das. Die praktische Seite ist immer mit dabei. Schließlich wussten schon frühe Menschen von dem Gestank und den Gefahren, die ein nicht entsorgter Leichnam mit sich bringt. Nicht nur lockt er gefährliche Tiere an, die Sippe kann auch krank werden.

T: Okay, das macht alles Sinn. Was ist mit dem Fegefeuer?

HG: Wie würde jemand, der noch nie künstliches Licht gesehen hat, beschreiben, dass er ein Licht gesehen hat in seiner Nahtod-Vision?

T: Mit der Sonne ... oder Feuer?


HG: Genau. Wenn dir das Vokabular für »Licht« fehlt, weil die Worte für »Licht« und »Feuer« mehr oder minder eins sind, dann werden die typischen Erlebnisse beim Übertritt ins Jenseits sehr schnell mithilfe von Feuer beschrieben. Das alleine ist noch kein Problem, aber zigtausend Jahre brüchiger Übersetzungen, ein paar eifrige Kirchenleute und ein paar schlechte Erfahrungen (angebliche himmlische Räte, die dein Leben bewerten etc. pp), und du kommst über die Jahrtausende bei etwas an, was nur Angst machen kann. Selbstverständlich gibt es KEIN Fegefeuer, und schon gar kein quasi ewiges. Da auch die Sache mit der Auferstehung im selben Körper Humbug ist, braucht es zudem keinen Ort, an dem der jüngste Tag abgewartet wird.

T: Jetzt bereue ich es richtig heftig, in Reli nicht besser zugehört zu haben. *hihi* Ich glaube, ich muss meine Mutter mit ihrer Klostererziehung heranziehen. Sie soll mir ein paar Fragen rüberreichen! :)

HG: Tu das. Das Wichtigste ist: Wo keine Körper sind, ist auch kein körperlich schmerzhaftes Feuer. JA, es gibt eine Übergangsphase nach dem Tod. Man arbeitet sich quasi wieder ein, wie der Hase läuft, denn man hatte ja alles vergessen. Vielleicht müssen alte Fehler angesehen und verstanden werden etc. Und JA, das kann schmerzen. In der Seele natürlich. Es schmerzt, aber aus Menschlichkeit heraus. Aus Bedauern heraus. Das Fegefeuer ist ein Prinzip, wo von außen Gewalt angewendet wird. Nichts mit eigenen Erkenntnissen. In Wirklichkeit aber ist ALLES eigene Erkenntnis. Deswegen geht es ja auch in der eigenen Geschwindigkeit voran.


T: Genial. Ich danke dir! Für heute ist unsere Zeit um, aber ich werde mich noch etwas in der Youtube-Universität umtun und ein bisschen christlichen Schmarrn nachholen. ;)

HG: Lass dir aber keine Angst machen, hörst du?

T: Wenn du mein Schild bist, kann nichts mehr schiefgehen.

HG: Dann werde ich mein Möglichstes tun. Bis morgen. Oder übermorgen, hehe.

T: Bis dann! Sag mal, bleibst du bis in die Raunächte hinein?

HG: Es steht noch nicht ganz fest, aber die Chancen wachsen, je mehr du dich für diese Möglichkeit öffnest.

T: Ich würde mich freuen!

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